Fr, 22. Okt 2010
SHOUT OUT LOUDS
„Don’t Cry ? Work.“ Mit diesem Postulat, verewigt auf dem Rücken seines Debütromans „Irre“, begann die Buchkarriere des Literaturberserkers Rainald Goetz. Als hätte sich die schwedische Band Shout Out Louds diese Forderung zu Herzen genommen, setzt die Band um Leadsänger Adam Olenius ihre Plattenkarriere zum Beginn des neuen Jahrzehnts mit dem Album „Work“ fort. Wie der Titel schlussfolgern lässt, ist das dritte Werk der fünf umtriebigen Schweden ein Ergebnis von Kraft mal Weg. Kräfte gesammelt haben die Musiker in einem halben Jahr, in dem jeder seine eigenen Wege ging. Adam verbrachte die meiste Zeit in Melbourne, wo er auch schon die ersten Songs fürs neue Album schrieb, Bebban vergnügte sich derweil in Los Angeles, während Carl, Ted und Eric die ganze Zeit in Stockholm blieben. Für „Work“ arbeiteten die Shout Out Louds zum ersten Mal nicht mit einem schwedischen Produzenten, sondern mit dem Amerikaner Phil Ek, der schon mit Band Of Horses, Fleet Foxes und The Shins bewiesen hat, dass er komplexe musikalische Ideen optimal zu kultivieren versteht. Und für den nächsten gemeinsamen Kraftakt war natürlich auch der Weg nach Seattle alles andere als zu weit.
Blicken wir zunächst noch einmal kurz auf die bunt schillernde Karriere der Shout Out Louds zurück. 2001 in Stockholm von Studenten der Kunstakademie gegründet, veröffentlichen die von Sixties-Melodik und Eighties-Indiepop geprägten Musiker zunächst einige Singles und EPs, bevor im Jahr 2003 in Schweden ihr Debütalbum erscheint, dessen merkwürdiger Titel „Howl Howl Gaff Gaff“ an eine Comicsprechblase erinnert. Der prächtige Erstling macht international die Runde und die Band wird bereits in einem Atemzug mit den Arctic Monkeys und Bright Eyes genannt, als sie von Capitol nach Los Angeles eingeladen wird. An der Ecke Hollywood and Vine macht man Nägel mit Köpfen und „Howl Howl Gaff Gaff“ wird im Jahr 2005 mit veränderter Tracklist weltweit veröffentlicht. Besonders die Singles „Please Please Please“ und „The Comeback“ sorgen für lange anhaltendes Entzücken auf allen einschlägigen Dancefloors der internationalen Indiegemeinde. 2007 folgt mit „Our Ill Wills“ der zweite Streich. Das Album ist auch Resultat der vielen Tourneen, die die Shout Out Louds unternehmen, und die Bühnendynamik hat sich inzwischen auf die Songs übertragen, die mitunter richtig episch sind ? wie etwa „Impossible“ und „Hard Rain“ ? und in denen Adam zuweilen klingt wie Robert Smith von Cure. Eine feine Volte, die ebenso unerwartet ist wie die Tatsache, dass dieses zweite große Testament ihres Könnens auf dem Haldern Pop Label erscheint.
Für „Work“ wurden die Karten in vielerlei Hinsicht nun erneut neu gemischt. Neue Company, neuer Produzent, neue Intention und eine Menge pfiffige, wenn nicht gleich mitzupfeifende Songideen? Phil Ek hat in Seattle für einen optimalen, bühnennahen Bandsound gesorgt und somit für eine Transparenz, bei der die Songstrukturen klar sichtbar bleiben und keine großartigen Streicher- oder Percussion-Einlagen das Ganze überdecken. Die Shout Out Louds ganz bei sich und back to the roots. Ein treibender Beat, eine prägnante Melodie und Adams nie zu zügelnder, euphorischer Gesang. Das liest sich einfach, ist aber letztendlich harte Arbeit. Im Falle von Shout Out Louds verbunden mit dem nötigen Quäntchen Inspiration und einer offenbar neu entzündeten Leidenschaft am gemeinsamen Zusammenspiel. Adam singt mit Hingabe, aber eben nicht mehr manieriert. Jegliche Melancholie löst sich in Schwung und Vitalität auf. Songs wie „1999“ (keine Coverversion von Prince!), „Fall Hard“ und „Walls“ entfachen eine Dynamik ? Holla! Ein musikalisches Hallo Wach, das sich gewaschen hat. Die nötige Erfrischung, um jeden Tag frisch ans Werk zu gehen. So ein Album ist das. „Work“. Klar, muss man einfach spielen. Don’t Cry. Work. Nicht leichter als das, wenn man Shout Out Louds heißt. Ach ja, zwischendurch gibt es unter den zehn neuen Songs auch ein paar mußeversprechende Klangoasen, an denen man sich erholen kann. Ein Album wie eine perfekte Schicht.