So, 29. Nov 2015
ALEXA FESER
Alexa Feser lässt man am besten einfach sprechen. Dann diktiert sie, mit wundersamer Beiläufigkeit und strahlenden Augen, reihenweise überschriftsreife Sätze – so schnell, dass der Stift kaum folgen kann.
Etwa: „Als Songschreiberin bin ich die Diktatorin eines Systems aus weißen und schwarzen Tasten. Und ich kann dieses System ins Chaos stürzen, wann immer ich will.“ Oder auch: „Wenn man in einem Song die Wahrheit sagt, dann kann man das auch ganz leise tun. Die Wahrheit ist lauter als einhundert Rammstein-Konzerte.“
Noch klarer als im Gespräch ist Alexa Feser, wenn sie ihr stupendes Wortgefühl dafür nutzt, ihre Wahrheiten nicht nur in Sätzen, sondern in ebendiesen leisen und doch so lauten Songs auszudrücken. Mit ihrem Klavier, ganz besonders mit ihrer herben, gebrochen-schönen und ganz und gar eigenen Art zu singen:
„Mir geht es nicht nur um Inhalte und Texte. Ich will, dass man die Geschichten nicht nur in den Zeilen lesen, sondern auch in der Stimme hören kann. Ich will auch nicht schön singen – ich will so singen, dass man mich emotional versteht. Ich will aus Wunden Weisheiten machen.“
Alexa Fesers Songs sind bestechend präzise formulierte Kurzgeschichten, eindrucksvolle Gemälde aus Musik. Gesungen mit der Intimität eines Singer-Songwriters – ohne sich in den engen Grenzen dieses Genres zu halten: Auf ihrem ersten, von Andreas Herbig produzierten Major-Album entfalten Alexa Fesers Songs ihr ganzes, eindrückliches Potenzial aus Leise und Laut, intelligenter Reflexion und emotionaler Wucht. „Gold von morgen“ heißt das Debüt, das im Herbst bei Warner Music erscheint, und es ist unüberhörbar Alexa Feser: ein klares Statement, in Wort und Ton.
Alexa Feser wächst in ihrer Geburtsstadt Wiesbaden auf. Die einzige musikalische Wurzel in ihrer Familie ist ihr Großvater, der als junger Mann in die USA ausgewändert war, um sich in den New Yorker Clubs seine Sporen als Jazz-Pianist zu verdienen. In ihrer Kindheit hört Alexa ihn häufig auf Familienfeiern spielen, Stücke aus seiner Jugend, Gershwin und Brubeck. Sie ist beeindruckt von dem, was er spielt, ganz besonders aber von der Art und Weise, wie er spielt: mit Leidenschaft.
Derart in Bann gezogen soll das Klavier auch zu ihrem Instrument werden. Doch eine erste Lehrerin dämpft die kindliche Begeisterung; sie bescheinigt der Sechsjährigen schnell mangelndes Talent, da ihr das Spiel vom Notenblatt schwer fällt. Ihre zweite Lehrerin erkennt mehr in Alexa eine neue Welt; einen Weg, eigene Ideen und Gedanken in Musik zu verwandeln.
Nach der Trennung der Eltern folgt der Ausbruch aus dem wohlbehüteten Kinderdasein. Alexa verdient sich Geld für zwei 1210er-Plattenspieler und beginnt, parallel zur Schule als DJ in diversen Clubs aufzulegen. Doch sie kehrt immer wieder zu ihrer eigenen Musik zurück und entscheidet sich bald, alles auf diese eine Karte zu setzen.
Schon in Wiesbaden übernimmt Alexa eine Vielzahl von Jobs, um den Traum von der Musik finanzieren zu können, genauso nach ihrem Umzug in die Metropole Berlin: Sie stellt Zeitungen zu, arbeitet in der Gastronomie oder verteilt Flyer an Messebesucher; alles, was sich anbietet, Gewöhnliches, aber auch Ungewöhnliches: Eineinhalb Jahre reist Alexa als Flugbegleiterin einer exklusiven Privatfluggesellschaft durch die Weltgeschichte – die Ukulele immer im Handgepäck, um auch über den Wolken keine musikalische Idee verloren geben zu müssen.
Alexa Feser nimmt viele Anläufe, um einen Durchbruch zu schaffen. und genauso viele Anläufe, um zwischen dem in der Szene üblichen Wirrwarr vermeintlich guter Ratschläge ihren eigenen Weg, ihr eigenes musikalisches Selbst zu finden. In dieser Zeit begegnet ihr in dem Songwriter Steve van Velvet der perfekte Gegenpol, um ihre Songs zu entwickeln. Nach einigen Jahren gemeinsamer Arbeit gewinnen sie in Andreas Herbig schließlich einen der erfolgreichsten deutschen Produzenten des letzten Jahrzehnts, um die Songs auf Tonträger zu bannen.
„In meinem Leben steht die Musik ganz oben, solange ich mich erinnern kann. Alles andere musste eben gemacht werden, damit es mir überhaupt möglich war, dieses Ziel dauerhaft zu verfolgen. Das war und ist für mich in Ordnung, auch weil ein solcher Weg Lebenserfahrung bringt, ohne die meine Musik nicht enstehen könnte – universelle Geschichten kann nur erzählen, wer Vergleichsmomente hat.“